Freitag, 21. Juni 2013

Grundschnitte

Der perfekte Schnitt ist etwas, wovon viele Hobbyschneider/innen träumen. Und wahrscheinlich auch so manche Leute mit professioneller Ausbildung. Ein möglichst optimaler Sitz des Kleidungsstücks wirkt sich massgeblich darauf aus wie wir die Qualität wahrnehmen.
Da die meisten leute in miserabel sitzender Kaufkleidung rumrennen ist die Konkurrenz zwar nicht allzu gross, aber man will ja nach den Sternen greifen, nicht wahr? :)

Wer ein Faibel für im Oberteil sehr eng sitzende Kleider hat, und /oder eine Figur hat die nicht dem Standard entspricht, für den ist ein gut angepasster Grundschnitt das A und O.
Ich habe lange meine Schnitte nach dem Buch Schnittkonstruktion für Damenmode konstruiert. Und ich habe auch ziemlich gute Ergebnisse erhalten, wesentlich einfacher anzupassen als bei einem Kaufschnitt. Ich kann das Buch auch immer noch sehr empfehlen, denn darin stehen jede Menge Anleitungen wie man die Grundschnitte dann so manipuliert dass schlussendlich das Kleidungsstück herauskommt welches einem vorschwebt.
Das Buch kam allerdings an seine Grenzen als ich anfing mir über Kleidung Gedanken zu machen die über einem Korsett passen soll. Ausserdem war ich nie ganz glücklich dass mit den Formeln in dem Buch mein Brustpunkt über dem Armloch liegen würde... irgendwie hats dann meist doch gestimmt und hingehauen aber ich hatte einfach das Gefühl dass der Schnitt viel komplizierter war als nötig.

Deshalb habe ich mir einen Grundschnitt direkt am Körper abstecken lassen.

Man braucht:
ca. 2 m weissen Teststoff, bei mir einfache Baumwolle in Leinwandbindung
das Modell, also mich selbst ;)
eine liebe und geduldige Person die allen überschüssigen Stoff absteckt (danke Xenia!)
Güfeli und Nähnadel sowie Heftfaden
Packpapier oder anderes grossflächiges Papier
Karton und Leim

man beginnt mit der Hälfte vom Stoff, welches mit einem grob ausgeschnittenen Halsloch Ponchomässig an einem hängt.
Dann ist besagte geduldige Person an der Reihe, alles wegzustecken was nicht an den Körper gehört. Wir haben mit den Seitennähten angefangen, dann Rücken, Vorderteil und dann die Schulterschräge. Arm und Halsloch definiert und ausgeschnitten, wieder neu abgesteckt, und dann alles auch noch mit Heftfaden nachgenäht damit man den Sitz besser überprüfen kann.
Da sich bei mir der Stoff über dem Hintern gestaut hat (Hohlkreuz lässt grüssen), haben wir in die hintere Mitte einfach gerade bis zur Taille eingeschnitten und einen Keil eingefügt.
Mit der Schere haben wir der vorderen Mitte entlang aufgeschnitten und mich befreit, und ich habe mit der Schere auch ganz brutal die Schnitteile entlang der Heftnäht nachgeschnitten und zerlegt.
Diese Schnitteile habe ich auf dem Packpapier abgezeichnet, und zwar so dass ungefähr der Durchschnitt der 2 Vorder und Hinterteile entstanden ist, dabei auch alles schön nachgesäubert und sauber ausgezeichnet.

diesen Papierschnitt habe ich auf 2. Hälfte vom Stoff ausgeschnitten, schön brav alle Nahtlinien markiert und und zusammengeheftet.
Das Ergebnis vom 2. Testteil an der Puppe. An ihr stimmts hinten und vorne nicht, aber es muss ja mir passen, nicht ihr ;) Man sieht dass ich die Taillenlinie markiert habe und die Brustpunkte. Mehrzahl, weil das Ding mit Korsett woanders liegt als ohne.
An diesem Testteil habe ich noch ein paar kleinere Änderungen machen müssen, vor allem die Seitennaht musste begradigt werden und an der hinteren Schulter hatte es noch ein bisschen zuviel Stoff. Wenn man sicher sein will ist so ein Überpüfungsteststück zu empfehlen.

Mit demselben Teststück habe ich übrigens auch gleich den Schnitt über dem Korsett angepasst, das war dann einfach weil die Schulterpartie ja schon perfekt sass.
Mit den notierten Änderungen kann man sich den gezeichneten Schnitt nochmal anpassen und das ist dann ein gut angepasster Grundschnitt der für alle möglichen Oberteile benutzt werden kann.

Da ja abzusehen ist dass ich die Schnitte immer und immer wieder abkopieren muss, wollte ich sie etwas stabiler haben als nur auf Packpapier gezeichnet, habe ich sie auf 1 mm starken Karton aufgezogen. Vollverleimt versteht sich, soll ja was aushalten.
3 der 4 Grundschnitteile, am Trocknen
nachdem der Leim Trocken ist, kann man die Schnitteile mit dem Cutter befreien. Da der Karton die Sache schön stabiliert kann man auch die Abnäher direkt ausschneiden, so sind sie dann auch einfach abzukopieren.

das ausgeschnittene Vorderteil ohne Korsett. Schreit praktisch nach Princessnähten :)

Den Brustpunkt habe ich mit einer Ahle durchgebohrt damit man auch den möglichst einfach abkopieren kann.


das Vorderteil mit und ohne Korsett im Vergleich

et voilà! war ein gutes Stück Arbeit aber jetzt habe ich ideale Grundlagen für alle weiteren Projekte :)
Ein erster Test für ein einfaches Hauskleid hat gezeigt dass sich der Karton sehr gut abkopieren lässt weil man den Bleistift gut anschlagen kann, und die Abnäher-Verlegung ist traumhaft einfach :)


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